Physiknobelpreis 1927: Arthur Holly Compton — Charles Thomson Rees Wilson

Physiknobelpreis 1927: Arthur Holly Compton — Charles Thomson Rees Wilson
Physiknobelpreis 1927: Arthur Holly ComptonCharles Thomson Rees Wilson
 
Der Amerikaner wurde ausgezeichnet für die Entdeckung des nach ihm benannten Effekts, der Schotte für seine Methode, die Bahnen elektrisch geladener Teilchen durch Kondensation von Wasserdampf sichtbar zu machen.
 
 Biografien
 
Arthur Holly Compton, * Wooster (Ohio) 10. 9. 1892, ✝ Berkeley 15. 3. 1962; nach der Promotion in Physik zunächst Forschungsingenieur in der Industrie, 1920-23 Professor an der Washington University in St. Louis, 1923-45 Professor an der University of Chicago, 1945 Rückkehr als Kanzler an die Washington University; Compton war maßgeblich an der Entwicklung der Atombombe und des Radars beteiligt.
 
Charles Thomson Rees Wilson, * 14. 2. 1869 Glencorse (Schottland), ✝ Carlops (Schottland) 15. 11. 1959; ab 1900 Dozent für Physik am Sussex-College und 1918 am Cavendish-Laboratory in Cambridge, 1925-34 dort Professor für Naturphilosophie; unter anderem entwickelte er 1956 die Ionenfangtheorie zur Erklärung der Gewitterelektrizität.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Arthur Compton interessierte sich für die von Charles Glover Barkla (Nobelpreis 1917) entdeckte sekundäre charakteristische Röntgenstrahlung. Diese ließ sich an Materie mit geringem Atomgewicht nicht nachweisen. Barkla konnte hier nur eine Streuung der abgestrahlten Röntgenstrahlen feststellen. Compton untersuchte die gestreute Strahlung mit spektrometrischen Methoden unter Verwendung monochromatischer Röntgenstrahlen. Er beschrieb den elastischen Stoß eines Gammaquants mit einem Elektron. Das Quant gibt einen Teil seiner Energie an das Elektron (Compton-Elektron) ab, erhält eine größere Wellenlänge und ändert seine Flugrichtung. Für dieses Compton-Effekt genannte Phänomen erhielt er den Physiknobelpreis.
 
1922 wurde Compton auf die Erscheinung der Wellenlängenänderung bei der Streuung von Röntgenstrahlen an Elektronen aufmerksam. Bereits ein Jahr später fand er die Erklärung dafür. Er beschrieb die Streuung als einen Stoß eines ruhenden, als frei anzusehenden Elektrons mit einem Photon der Energie h·v (h = Planck'sches Wirkungsquantum) und dem dazugehörigen Impuls. Mithilfe der Erhaltungssätze von Impuls und Energie konnte er auch die Richtungsabhängigkeit der Wellenlängenänderung richtig beschreiben.
 
 Licht hat korpuskulare Eigenschaften
 
Comptons Experimente, die zeigten, dass Photonen Stößen unterliegen, in denen sie sich wie Teilchen verhalten, konnte die Mehrheit der Physiker von Einsteins Quanteninterpretation des Lichts überzeugen. Denn damit war bewiesen, dass das Licht neben seinem augenscheinlichen Wellen- auch Teilchencharakter besitzt. Heisenberg schrieb im Juni 1929 in seinem rückblickenden Artikel »Die Entwicklung der Quantentheorie 1918-28«: »Zu dieser Zeit [1923] kam das Experiment der Theorie zu Hilfe mit einer Entdeckung, die später von großer Bedeutung für die Entwicklung der Theorie werden sollte. Compton fand, dass bei der Streuung von Röntgenstrahlen an freien Elektronen das Streulicht um einen messbaren Betrag langwelliger war als das einfallende Licht. Dieser Effekt konnte nach Compton und Debye [Nobelpreis für Chemie 1936] auf Grund der Einstein'schen Lichtquantenhypothese zwanglos gedeutet werden; die Wellentheorie des Lichts versagte diesem Experiment gegenüber. Damit wurden die Probleme der Strahlungstheorie aufgerollt, die seit den Einstein'schen Arbeiten aus den Jahren 1906, 1909 und 1917 kaum gefördert worden waren.«
 
Die Mitarbeit am Manhattan-Projekt belastete den angesehenen Forscher sehr. 1956 erschien sein Buch »Die Atombombe und ich«. Er unterschrieb am 15. Juli 1955 die Mainauer Erklärung, in der sich 18 Nobelpreisträger gegen den Einsatz von Atombomben aussprachen. Der letzte Satz des Dokuments lautet: »Alle Nationen müssen zu der Entscheidung kommen, freiwillig auf die Gewalt als letztes Mittel der Politik zu verzichten. Sind siedazu nicht bereit, so werden sie aufhören zu existieren.«
 
 Charles Wilson
 
Der Meteorologe Charles Wilson untersuchte die Kondensationsbedingungen des Wasserdampfs. Im Jahr 1900 fand er, unabhängig von den deutschen Physikern Julius Elster und Hans Friedrich Geitel die elektrische Leitfähigkeit der Luft. Zehn Jahre später arbeitete er an der Kondensation durch Ionenbildung. Im Zuge dieser Arbeiten entwickelte er die Nebelkammer, einen kernphysikalischen Strahlungsdetektor, der die Bahnspuren atomarer Teilchen als Kondensstreifen sichtbar werden lässt. Für diese Leistung erhielt er den Nobelpreis.
 
Die Wilson'sche Nebelkammer ist ein mit gesättigtem Wasser-Propanol-Dampf gefüllter Zylinder. Den Boden des Gefässes bildet ein Kolben. Wird er schnell nach unten bewegt, dehnt sich das Volumen und die Temperatur sinkt unter den Taupunkt, das heißt unter die Sättigungstemperatur. Durch die plötzliche (adiabatische) Expansion bildet sich übersättigter Dampf, der zu Nebeltröpfchen kondensiert, wenn Kondensationskeime vorhanden sind. Fliegen atomare und subatomare Teilchen durch den Dampf, bewirken deren elektrische Ladungen die Nebelbildung. Für den Bruchteil einer Sekunde bilden sich perlschnurartige Kondensationsbahnen, die sich mit einer starken Lichtquelle sichtbar machen lassen. Sie werden fotografiert und sind damit einer physikalischen Auswertung zugänglich. Liegt die Nebelkammer in einem homogenen Magnetfeld, lassen sich aus der Bahnkrümmung des beobachteten Teilchens seine Energie und sein Ladungsvorzeichen berechnen. Ungeladene Partikel oder Gamma- und Röntgenstrahlen hinterlassen keine Spuren in einer Nebelkammer. Der gleiche Effekt erzeugt die Kondensstreifen eines Düsenflugzeugs. Dabei kondensieren die Wassermoleküle der Luft an den Stellen, an denen der Ruß in den Abgasen aus den Triebwerken austritt.
 
Wilson begann mit der Entwicklung der Kammer 1911, doch für eine ausführliche Veröffentlichung ließ er sich noch zwölf Jahre Zeit. Der erste große Erfolg war 1923 der Nachweis des Compton-Elektrons beim Compton-Effekt. Als der österreichische Physiker Viktor Hess (Nobelpreis 1936) 1913 die bereits von Wilson 1900 vermutete, extrem kurzwellige kosmische Ultrastrahlung entdeckt hatte, wurde deren Existenz noch angezweifelt. 1929 gelang es dem russischen Physiker Dimitrij Skobelzyn, kosmische Strahlen mit der Nebelkammer nachzuweisen. Von da an wurde sie zum überragenden physikalischen Hilfsmittel. Beispielsweise gelang Carl David Anderson (Nobelpreis 1936) 1932 mit ihr der Nachweis des Positrons. Wilsons Kammer wird später zur kontinuierlich arbeitenden Diffusionskammer und 1952 von Donald Arthur Glaser (Nobelpreis 1960) zur Blasenkammer weiterentwickelt.
 
Um 1900 gab es einen erbitterten Streit zwischen den Vertretern der Atomtheorie und den so genannten Energetikern, allen voran dem österreichischen Physiker und Philosophen Ernst Mach. Mach vertrat die Auffassung: »Atome können wir nicht wahrnehmen, sie sind wie alle Substanzen Gedankendinge. ..« Wilson war der erste Mensch, der die von Alpha- und Betastrahlen erzeugten Spuren gesehen hat.
 
U. Schulte

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Liste der Nobelpreisträger für Physik — Der Nobelpreis für Physik wird seit 1901 jährlich vergeben und ist seit 2001 mit 10 Mio. Schwedischen Kronen dotiert. Die Auswahl der Laureaten unterliegt der Verantwortung der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Der Stifter des… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”